Ein Tag im Zeltlager – Mal anders erzählt

Ich liege schon seit längerem wach auf dem Boden, als sich etwas neben mir bewegt, mit einem kleinen Seufzer den Handywecker ausschaltet und sich erstmal ordentlich streckt.

Na, wer erzählt hier wohl? Findet es heraus.

Die Nacht hier auf dem Boden war nicht besonders warm und kuschelig. Einige meiner Artgenossen dürfen mit ans Fußende oder mit unter das Kopfkissen. Ich aber liege neben ihrer Matratze.
Kurz nachdem sie wach geworden ist, steht sie auf, putzt ihre Zähne, macht sich einen praktischen Pferdeschwanz und sieht sich an.
Was macht sie jetzt? Mir bleibt die Luft weg, als sie ohne mich mit den anderen Betreuern das Zimmer verlässt. Doch als sie durch die Tür wieder hereinkam und mich auf dem Boden liegen sah, fiel mir ein Stein vom Herzen.
Nach der gruseligen Nachtwanderung und der langen Teamsitzung am vorherigen Abend, kann man ja heute Morgen auch ein wenig verträumt sein. Aber jetzt nichts wie los, schließlich startet gleich das Frühstück.

Auf dem Weg zur Turnhalle stoße ich gegen jeden Türrahmen und jede Ecke, die mir in der Zwischenzeit begegnen. Dazu muss man allerdings sagen, dass ich zu den größeren meiner Art gehöre und ich gerne und viel esse. Am liebsten mag ich Snickers, Kinderriegel, Kugelschreiber, Eddinge und Haargummis.

In der Turnhalle angekommen, kann ich sehen, wie schon einige Kinder ungeduldig am Tisch sitzen und ihr Besteck aus ihrem Beutel holen, andere kommen gerade erst aus ihrem Schlafsäcken gekrochen, nachdem sie von leiser Musik geweckt wurden. Bis jetzt ist es noch relativ leise, jedoch das ist nur die Ruhe vor dem Sturm.

Wenn alle an den Tischen sitzen, fassen wir uns an die Hände und singen gemeinsam das Piep-Piep-Piep Lied á la HmZ, spätestens dann ist es mit der Ruhe vorbei. Von allen Seiten wird nach Nutella oder Wurst gefragt, dann fällt hier ein Messer unter und an einem anderen Tisch wird das erste Mal an diesem Tag „Buffalo!!!!!“ von einem*r Betreuer*in gerufen.

Plötzlich kippt einem LaKi zwei Plätze neben mir ein Becher mit Milch vom Tisch und ich sehe darin meinen ersten nützlichen Einsatz an diesem Tag. Kaum habe ich den Gedanken ausgesprochen, werde ich an meinem Gurt gepackt, vor den Bauch meiner Besitzerin gezogen und mein Reißverschluss geöffnet. Ich stelle ihr das passende Utensil, die Taschentücher, zur Verfügung, sodass alles schnell beseitigt werden kann und das Frühstück ohne weitere Vorfälle zu Ende geht.

Nach der Waschstraße draußen unter dem Dach, flitzen meine Besitzerin und ich schnell zur kleinen Teamsitzung, um noch einmal alles Wichtige für das kommende Großspiel „Cluedo“ zu besprechen.

Ich liebe dieses Spiel. Die Kinder laufen in kleinen Grüppchen über den Lagerplatz und müssen, indem sie bei allen Charaktere kleine Spiele oder Aufgaben erledigen, nach Geheimtipps fragen und herausfinden, WER das Opfer getötet hat und WO und WIE es gestorben ist. Das Highlight des Spiels ist das Ende. Dort droht dem Mörder eine fiese Bestrafung, wie z.B eine kalte Dusche oder ein Cocktail aus sämtlichen Lebensmitteln vom Vortag.

Nachdem alle Fragen geklärt wurden, wird zu meiner Freude ein Snickers in mich reingestopft. Mit einer Fritz-Kola in der Hand bewaffnet, begeben wir uns auf den Lagerplatz, währenddessen wird den Kindern das Spiel in der Turnhalle erklärt. Ich bin schon so gespannt, ob die Kinder bei unserer Station die gegurgelten Lieder erraten werden.

Nachdem Startsignal strömen die LaKis aus der Turnhalle und suchen sich eine*n Betreuer*in, um dem ersten Hinweis zu erhalten. Die aufgeregten Gesichter bringen mich jedes Mal wieder zum Schmunzeln. Schon nach dem ersten Hinweis werden einige Betreuer verdächtigt.

Am Ende war es Herr Tierlieb von Benjamin Blümchen, der Pocahontas mit einem Staubsauger in der Tiefgarage gemordet hat und der nun gefesselt von den Kindern unter die Dusche geführt wird. Mit seinem Verschwinden in den Betreuerbereich, startet bereits der Aufbau für das Mittagessen, welches aufgrund des guten Wetters draußen stattfinden kann. Huhu! Das gute Wetter war bei unseren Aktionen bis jetzt nämlich eher eine Seltenheit, weshalb wir uns umso mehr darüber freuen. Nachdem alle Bäuche mit Nudeln und Tomatensauce gefüllt sind, startet die erste Kioskrunde für den heutigen Tag. Über den Tisch gehen gefüllte Naschitüten mit sämtlichen kleinen Gummitieren, Centershocks und Schokoriegeln, die von strahlenden Kinderaugen empfangen werden.

Die Zeltzeit von ca. 13:30 – 15:00 Uhr nutzt das gesamte Zeltlager als eine Art Mittagsruhe. Hier beschäftigt sich jedes Mal die gleiche Gruppe von Kindern mit ihrem dazugehörigen Betreuer. Tatsächlich kann hier auch geschlafen werden, allerdings wird meistens Werwolf gespielt, Blackstories entschlüsselt, gemalt oder draußen ein bisschen Fußball gespielt. Einige Betreuer, die keiner Gruppe fest zugeteilt sind, setzen sich zu den gemütlichen Blackstories oder planen hinten im Teamerraum Aktionen für die nächsten Tage, sortieren Fotos oder schmeißen, so wie es heute der Fall ist, das Nachmittagsprogramm um. Das eigentliche Spiel wird von einem AG-Block ersetzt, denn wie gesagt, das gute Wetter muss man einfach nutzen. Und so hängt um 15 Uhr der AG-Plan aus, wo die Kinder nach Belieben an AGen, wie Werwolf, Perlenketten, Fußball, Frisbee, Eulen basteln oder ???-Hörspiel teilnehmen können. Ich habe mal mit meiner Besitzerin Kürbisse mit den Kindern ausgehöhlt. Ich hatte zur Not jede Menge Pflaster in meinem Bauch, die glücklicherweise aber nicht gebraucht wurden. Das Aushöhlen war eine riesen Sauerrei kann ich euch sagen, aber der Spaßfaktor war umso größer. Die gruseligen Kürbis-Gesichter haben bei der damaligen Nachtwanderung für die passende Stimmung gesorgt.

Meine Besitzerin und ich haben uns während der AGen draußen auf die Bank gesetzt und machten für die Foto-CD weitere Fotos. Ein Mädchen kam dazu und setzte sich neben uns. Sie erzählte uns von ihren Haustieren und kitzelte mich, indem sie meine Tätowierung nachmalte. Jaaa, ich habe ein Tattoo, und zwar den Namen meiner Besitzerin. Ich weiß, dass einem von vielen geraten wird, dass man sich niemals im Leben den Namen seiner Freundin oder seines Freundes tätowieren lassen soll, aber ich kann es nur jedem meiner Art empfehlen. Gerade im Zeltlager ist das sehr hilfreich für die Kinder, um die Namen der Betreuer schneller zu lernen. Ich bin also stolz auf mein Tattoo.

Da sich der Nachmittag langsam dem Ende naht und in der Betreuer*innenküche schon fleißig Gemüse für das Abendbrot geschnitten wird, wird es Zeit für die Mädchen zu Duschen. Da wir eine große Gemeinschaftsdusche haben, werden die Duschzeiten der Kinder getrennt, die Jungs waren gestern Abend an der Reihe. Auch die Duschzeiten sind bei HmZ immer ein Erlebnis, denn mit lauter Musik werden diese schnell zu Duschpartys.

Pünktlich zum Abendbrot sitzen alle Kinder an den Tischen und belegen sich ihre Brote ganz nach ihrem Geschmack mit Wurst, Käse oder auch nur Butter. Die Paprika, Gurken und Karotten werden immer am schnellsten verputzt.
Die Betreuer kommen nach der Waschstraße im Teamerraum zusammen und teilen ein, wer die Bühne und das Spielfeld für 1,2 oder 3 aufbaut, wer die Show moderiert und wer sich noch um fehlendes Material kümmert und keine halbe Stunde später sitzen die Kinder in Mannschaften vor der Bühne und sind gespannt auf die Show. In dieser wird jede Runde eine Frage gestellt, welche die Kinder nach dem Prinzip von 1,2 oder 3 beantworten müssen. Doch auch dabei lässt sich HmZ was einfallen, bei uns heißt es nämlich: „Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr wenn der Betreuer abgeht.“ und das eskalieren so einige Betreuer manchmal zu der lauten Musik und nicht nur die Kinder amüsieren sich, denn auch die Betreuer können manchmal nicht mehr stehen vor Lachen, wenn da jemand seine legendären Dancemoves raushaut. Nach 15 Runden hat Farbe Blau an diesem Abend gewonnen und zum Abschluss wird der Lagertanz getanzt. Das ist auch immer so eine Aktion, die sehr zusammenschweißt und eine super Stimmung verbreiten.

Während der PiWaZ-Zeit (Pischen, Waschen, ab zu Bett) verabschiede ich mich von euch. Die Kinder machen sich jetzt fertig fürs Bett und am späteren Abend findet wie jedes Mal die Teamsitzung statt, wo die Ereignisse vom Tag erzählt und besprochen werden und der neue Tag geplant wird. Dazu muss ich auch sagen, dass dieser Tag ein sehr ruhiger Tag war, also es wenig Vorfälle oder Probleme bei den Kindern gab. Das hat man auch nicht jeden Tag muss ich sagen. Es hat mich sehr gefreut euch von diesem Tag berichten zu dürfen.

Ich finde Zeltlager immer wieder erstaunlich. Wir sind hier rund 60 Leute auf engstem Raum, die eine tolle Zeit erleben und alles dafür tun, dass es jedem gut geht. Klar gibt es mal Zankereien zwischen Kindern, aber am

Ende des Lagers im Abschiedskreis, wo jeder jedem Tschüss sagt, fließen viele Tränen, die beweisen, dass sie trotzdem eine unvergessliche Zeit bei HmZ hatten.

Da ich ja kein echter Mensch bin, wie du vielleicht mitbekommen hast, habe ich hier die Lösung für dich: Ich bin eine EHCSATHCUAB…